Des einen Freiheit ist des anderen Zwang
des einen Zwang ist des anderen Freiheit
Des einen Pflicht ist des anderen Zwang
Des einen Pflicht ist des anderen Freiheit
Da muss noch eine Grenze gezogen werden. Das müsste noch abgesperrt werden. Dieser Teil müsste noch von dem Anderen abgetrennt werden. Warum? Zur Sicherheit. Weil alles Neue für die einen eine Gefahr darstellt, während es für die Anderen eine Chance sein kann. Weil wir die Freiheit der einen nicht mit der Freiheit der anderen beschneiden dürfen. Weil die Pflicht die Mittel heiligt. Weil der Zwang für Freiheit sorgt. Und obwohl die Grenze zwischen der einen und anderen Seite so scharf zu sein scheint, scheint ein unaufhaltsamer Transfer Teil des Phänomens „Grenzziehung“ zu sein.
In der Performance „discrepantia“ setzen sich die Künstlerin Laura Heyer aus Mönchengladbach und die Produzentin und DJ Abraxa aus Berlin von einem weiblichen und feministischen Standpunkt aus mit den Vorstellungen von Freiheit und Grenzziehung inmitten des immer noch währenden Zensur-Wahnsinns der patriarchalisch dominierten Hochkultur auseinander. Dabei spielen die beiden mit dem Potential der Extreme. Die Performance würdigt dabei den Untergrund, die Techno Musik als Ausdrucksmittel und den menschlichen Körper als Material.
In ihren von Multimedialität und Prozesshaftigkeit geprägten Arbeiten untersucht die Künstlerin Laura Heyer oft das soziopolitische Klima durch autobiografische Phänomene, Ereignisse und Materialien und vor allem durch das Hineinwerfen ihres eigenen Körpers in bestimmte Umstände. In ihren oft konfrontativen, herausfordernden, intimen und entblößenden Performances experimentiert sie häufig mit „Dauer“ und „Erschöpfung“ und erschafft für alle Anwesenden, inklusive sie selbst, ganzheitliche sinnliche Erlebnisse, die nicht selten Komfortzonen durchbrechen und jedes Mal aufs Neue auf Zeit und Raum konzipiert werden. Ein großer Schwerpunkt ihrer Performances liegt auf der Entblößung und Enttabuisierung von Unterdrückungs- und Entmächtigungs-, aber auch Ermächtigungserfahrungen als weiblich sozialisierte und weiblich gelesene Person. In Duisburg geboren und in Mönchengladbach gestrandet, gründete sie dort den multimedialen Kunstverein SCHREI AUF e.V. mit eigenem Kulturzentrum. Durch ihre interdisziplinären Arbeiten und Projekte verwehrt sie sich jeglichen Schubladendenkens und nährt sie durch einen tiefen, schonungslosen Blick ins Innere. Künstlerischer Ausdruck ist für sie nicht weniger als eine Notwendigkeit.
Die in Berlin lebende Produzentin, DJ und Sängerin Abraxa lernte früh die Regeln der Musik – nur um sie dann zu brechen. Als Kind zeigte sich früh ihr Talent im klassischen Klavier und sie nahm erfolgreich an zahlreichen Wettbewerben teil. Die strikten Regelvorgaben widersprachen jedoch mehr und mehr Ihrem kreativen Verständnis von Musik. Nach über 12 Jahren wandte Abraxa sich ab vom Klavier und zog nach Berlin. Inspiriert von den eindringlichen Beats und experimentellen Klängen des Berliner Nachtlebens öffnete sie sich erneut der Musik, doch diesmal nach ihren ganzeigenen Prinzipien. Das Ergebnis ist eine melancholisch-düstere und moderne Klangwelt, in der harte Industrialklänge auf neoklassisches Klavier treffen und treibende Technobeats auf sphärische Vocals. Ihre energetischen Sets und Produktionen bewegen sich zwischen den Extremen von Sensibilität und Stärke, Zerstörungswut und Hoffnung, und stechen durch Abraxa’s emotionale Tiefe sowie ihre genreübergreifende Erfahrung hervor. Ihre Kunstfordert uns heraus, unsere eigene Persönlichkeit zu erforschen und Gegensätze in uns nicht als Widersprüche, sondern als Teil eines Ganzen zu sehen. Abraxa spielt regelmäßig in verschiedenen Clubs in Berlin sowie in Deutschland. Zusätzlich unterstützt sie queerfeministische Kollektive wie Keine Shows für Täter.
Credits:
Konzept, Performance: Laura Heyer
Konzept, live-Musik: Abraxa
Technik: Henry Skibbe
Dauer: 60 Min.