tanz.kaffee (tanz.tausch netzwerk)

tanz.kaffee (tanz.tausch netzwerk)

Am Festivalsonntag, 21. August 2022, lädt das tanz.tausch netzwerk Fachpublikum und interessierte Laien zu Kaffee, Kuchen und fünf Showcases ein. Der tanz.kaffee findet von 14 bis 16 Uhr in der TanzFaktur statt. Jede*r der Netzwerkpartner*innen hat ein bis zwei Choreograf*innen eingeladen, an diesem Nachmittagstermin Teile ihres Schaffens zu zeigen, ihre Herangehensweise zu erklären und mit den Zuschauenden ins Gespräch zu kommen. Darüber hinaus räumt das Format auch dem Publikum selbst Möglichkeiten ein, sich gegenseitig intensiv auszutauschen über das, was sie auf der Bühne sehen.

Zum tanz.tausch-Netzwerk:
Das 2010 von der Kölner Kulturmanagerin Mechtild Tellmann ins Leben gerufene und gemeinsam mit Alexandra Schmidt geleitete Projekt tanz.tausch war von Anfang an als Netzwerk gedacht. So wurde das Produktionshaus LOFFT – DAS THEATER in Leipzig Partner der ersten Stunde, hinzu kamen die Tafelhalle Nürnberg und die in Stuttgart ansässigen Tanzproduzentinnen Anika Bendel und Laurence Nagel.

Das tanz.tausch- Netzwerk ist einmalig in Deutschland, denn es gibt aktuell kein anderes Tanz-Netzwerk bestehend aus kleinen bis mittleren Produktionshäusern bzw. Produktionsstrukturen, welches sich nur auf den zeitgenössischen Tanz und seine Verbindungen zu anderen Tanzeinflüssen fokussiert und seit 10 Jahren aus eigener Kraft versucht, in der Tanzlandschaft Deutschlands ohne Strukturfinanzierung präsent zu sein.

Seit der Gründung gibt es in 2022 mit Tanzpakt-reconnect erstmals eine Strukturförderung. In den letzten Jahren wurde über die einzelnen Festivalausgaben hinaus der Erhalt und die Weiterentwicklung des Netzwerkes tanz.tausch von den Kooperationspartner*innen durch ehrenamtliches Engagement für den zeitgenössischen Tanz aufrechterhalten. 

tanz.tausch fördert Mid-Career Artists und greift Nachwuchskünstler*innen in ihrer Entwicklung unter die Arme. Der Fokus liegt klar auf den Künstler*innen, die nicht in den üblichen großen Produktionshäusern ansässig sind und somit im Bezug auf „Sichtbarkeit“ unterm Radar fliegen.

Die für das Jahr 2022 erhaltene TANZPAKT RECONNECT Förderung von Diehl+Ritter ermöglicht es dem Netzwerk, gleich zwei Projekte zu koproduzieren und in Köln, Leipzig, Nürnberg und Stuttgart jeweils eine Residenz zu vergeben. Unterstützt werden können auf diese Weise die aktuellen Arbeiten von Cindy Hammer/ go plastic company  (Dresden), Marje Hirvonen (Köln), Johannes Blattner (Stuttgart) und Eva Borrmann (Nürnberg). Showcase-Formate auf den netzwerkeigenen Großveranstaltungen – dem tanz.tausch Festival in Köln vom 16.-21. August, dem tanz.tausch Tag im Rahmen des re:festivals in Nürnberg im September sowie Szenetreffs in Leipzig und Baden-Württemberg – ermöglichen weiteren Künstler*innen aus allen Regionen ihre Projekte einem Fachpublikum, aber auch der Öffentlichkeit vorzustellen und sich untereinander weiter kennenzulernen. Perspektivisch geht dort die Reise hin: Zu mehr Austausch und, damit verbunden, mehr Auftritts- und Entwicklungsmöglichkeiten für die Freie Szene. Doch dafür bedarf es einer kontinuierlichen öffentlichen Strukturförderung, die über das Jahr 2022 hinausgeht.

Henrik Kaalund: DreaMe Reloaded

Foto ©: Anja Beyer

Hendrik Kaalund befragt in seinen Arbeiten unsere Wahrnehmung von Wirklichkeit(en). Für den Tanz.Kaffee überarbeitet er eine seiner früheren Produktionen mit Blick auf die (vermeintlich?) vielfältigen Identitätsmöglichkeiten im Jahr 2022: DreaMe handelt von den Wechselwirkungen zwischen Wirklichkeit und Wunschrealität. Im Stück werden sowohl die Tänzerin auf der Bühne als auch das Publikum mit einem Überfluss an Anforderungen und Information konfrontiert, wie er typisch ist für unsere heutige Mediengesellschaft. Besonders verführerisch erscheint die Flucht in virtuelle Welten, die scheinbar die Möglichkeit bieten, verschiedene Identitäten anzunehmen – vorausgesetzt man kann diesen Informationsüberfluss für sich persönlich nutzen. Womit die einen souverän umgehen können, führt für die anderen zur Überforderung.

Credits:
Konzept/ Choreographie/ Video/ Bühne: Henrik Kaalund
Sound: Michael Havel

Alma Toaspern: ERNST

Foto ©: Christian Friedländer

ERNST lädt zum Geburtstag ein, der Dressuraffe wird achtzig. Zeit, zurück zu schauen auf ein Leben zwischen Unterhaltungsindustrie und Urwaldsehnsucht. Und Zeit, es mit gebührendem Ernst mal richtig äffisch krachen zu lassen. Ernst hat sich ein Ritual überlegt: Nicht lachen! Alkohol und Zuckerstückchen für alle! Die Tänzerin Alma Toaspern macht sich im Bühnenbild des renommierten dänischen Künstlers Christian Friedländer zum 80-jährigen Affen ERNST. Im Stück fragen sich die Künstler*innen, wie es ist, jahrzehntelang domestiziert worden zu sein. Wann ist das Tier ein Mensch und wann wird ein Laut zu Sprache? Eine Feier allen Ernstes, eine sprühende Hommage an die Humorlosigkeit und ein Feuerwerk der gehemmten Emotionen. Eine Feier der Menschlichkeit. Wider den tierischen Ernst? Musik! Tanz! Zigaretten! Äpfel!

Credits:
Choreografie/Konzept: Alma Toaspern, Monrad Møller;
Performance: Alma Toaspern

Kenji Shinohe: K(-A-)O

Foto ©: Bernie Ng

Thema des Stücks ist die „Symbolisierung von Gefühlen“. Basierend auf seinen Erfahrungen, verarbeitet Kenji Shinohe sein Gefühl, dass menschliche emotionale Ausdrucksformen unter der Informationsgesellschaft leiden. In digitaler Konversation können wir ein neutrales Bild abgeben, obwohl wir glücklich oder traurig sind oder irgendeine andere Emotion vorgeben, die wir im diesem Moment nicht verspüren. Dennoch senden wir Emoticons und Symbole entsprechend unserer Gefühle. Währenddessen verlieren die unendlichen menschlichen Ausdrucksweisen und Emotionen an Vielfalt, Intensität und Komplexität. „K(-A-)O‘’ konfrontiert das Publikum mit der Frage, wie wir unsere Gefühle zurückgewinnen können.

Credits:
Choreografie und Tanz: Kenji Shinohe

Johanna Roggan / the guts company: MACHT#3 – Hoffnung (Lecture Performance)

Foto ©: Diethild Meier

Johanna Roggan/ the guts company gibt in einer Lecture Performance Einblicke in die aktuelle Produktion MACHT#3 – Hoffnung, berichtet über den Prozess und teilt strukturelle sowie inhaltliche Fragestellungen, die während der Erarbeitungszeit aufkamen und weiterhin relevant sind.

Credits:
Lecture und Tanz: Johanna Rogan

Smadar Goshen: Grand Noir + Hoomans

Foto ©: Guido Stuch

GRAND NOIR ist ein Tanzstück, das sich mit Zyklen und der Vergänglichkeit als Natur des Lebens beschäftigt. Es erforscht Prozesse der Material-, Energie- und Zustandsveränderung im Laufe der Zeit. In ihrem Showcase zeigt Smadar Goshen nicht nur Ausschnitte aus dem Stück, das die Tänzer*innen immer wieder mit unvermeidlichen Veränderungen und Brüchen, auf die sie sich ständig einstellen mussten, konfrontiert, sondern legt auch ihre Arbeitsmethoden und künstlerischen Neugier offen.

Credits:
Choreografie: Smadar Goshen,
Tanz (bei Showcase drei der folgenden): Aurora Bonetti, Bar Gonen, Benoît Coushot, Margherita Dello Sbarba, Selina Koch, Shih-Ping Lin;
Komposition: Yehu Yaron